Die Idee zum Projekt „100 Wörter Deutsch“ in der ZAE (Zentralen Aufnahmeeinrichtung in Zirndorf) entstand auf dem Umweg über einen Wettbewerb, an dem sich die Fachrichtungen Kunst und Musik – also Herr Macher, Frau Sadlowski und Frau Diener – beteiligen wollten. Geplant war, Kinder und Jugendliche aus der ZAE musikalisch zu Wort kommen zu lassen und daraus einen Kurzfilm zu erstellen. Dieses Vorhaben erwies sich als nicht durchführbar, da diese Kinder und Jugendlichen so kurz in dieser Erstaufnahmeeinrichtung bleiben, dass kein sinnvolles Arbeiten möglich gewesen wäre.Allerdings konnten wir, nach einer „Führung“ durch die ZAE mit dem Gemeindepädagogen der evangelischen Kirche Zirndorf, Herrn Bartsch, auch nicht einfach sang- und klanglos verschwinden – denn was wir dort gesehen hatten, hat uns betroffen gemacht. Herr Nisster gab dann den Anstoß zu dem Projekt, in dem wir uns – ohne Wettbewerb – zu regelmäßigem wöchentlichen Kontakt mit Jugendlichen aus der Einrichtung festlegten.
Um das Ganze breit aufzustellen, sprachen wir Interessierte aus unserer Schule an. Die Resonanz war überraschend gut: viele Schüler erklärten sich bereit, mitzumachen. Der ursprüngliche Plan war, Jugendliche aus der ZAE für einen Nachmittag pro Woche an unsere Schule zu holen.
Nach den Weihnachtsferien starteten wir einen ersten Versuch. Allerdings war zur vereinbarten Uhrzeit kein Kind oder Jugendlicher am Treffpunkt, sodass wir den bestellten Bus wieder heimschicken mussten und die Aktion als gescheitert betrachteten. Die Woche darauf rief Herr Bartsch an und fragte nach, wo wir gewesen wären: es hatten sich etwa 12 Kinder eingefunden.
Seitdem sind wir am Ball, allerdings nicht bei uns in der Schule, sondern direkt in der ZAE: es kommen jedes Mal etwa 10 bis 15 Personen, im Alter von zehn bis 16 Jahren. Häufig sind kleine Geschwister von vier, fünf Jahren dabei, die wir nicht einfach wegschicken wollen. Es kommen auch Erwachsene. Wir haben noch nicht erlebt, dass jemand öfter als zweimal da war, denn der „Transfer“, mit dem die Leute in eine Unterkunft gebracht werden, in der sie dann auf ihr Asylverfahren warten, erfolgt meist sehr schnell.
Der Verbleib in der Einrichtung hat sich auch als gut erwiesen, weil wir jedes Mal erst wieder im Lagerbereich nach interessierten Kindern und Jugendlichen suchen müssen: Am „Spielplatz“ vor dem Familienblock, im Sozialhaus, auf dem Gelände. Es gab auch schon Väter, die nach einer halben Stunde gekommen sind, um sich zu vergewissern, dass ihre Kinder noch da sind – kein Wunder, wenn man bedenkt, was diese Menschen an Fluchterfahrung vielleicht bereits hinter sich haben. Und wenn dann das Kind nicht hier, sondern mit einem unserer Lehrer draußen beim Fußballspielen ist, wird der Vater so nervös, dass sofort jemand von uns mit ihm zum Fußballplatz geht, damit er sein Kind sehen kann.
Die Heimbewohner, mit denen wir bisher zu tun hatten, kommen aus dem Kosovo, aus Serbien, aus Albanien, aus dem Irak, aus der Ukraine. Sie sind teils sehr lernwillig, andere wollen eben dem Heimalltag entkommen und suchen etwas Abwechslung. Sie bringen unterschiedliche Vorkenntnisse mit: manche sprechen fast kein Wort deutsch, andere können etwas Englisch. Die Verständigung klappt mit Händen und Füßen: die drei oder vier Schüler/innen, die uns begleiten und unterstützen, sind sehr engagiert bei der Sache, egal ob mit Jugendlichen oder mit Erwachsenen.
Wir arbeiten zuerst mit bebilderten Arbeitsblättern, die verschiedene Lebensbereiche abbilden. Die letzte halbe Stunde spielen wir meist Fußball. Von den Schülern, die bisher dabei waren, kommen durchweg positive Rückmeldungen.
Wir hoffen, dass wir diese Arbeit nächstes Jahr fortsetzen können und danken für die tatkräftige Unterstützung von Schülern, Eltern, Kollegen und Herrn Nisster.
Ruth Diener