Im Zweifel für den Angeklagten!

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Besuch des Amtsgerichts – 9c

Hoffentlich müssen in Zukunft alle von uns nur als Zuseher vor Gericht erscheinen!

Gemeinsam mit unserer Wirtschaft und Recht-Lehrerin Frau Schweikl und in Begleitung von Herrn Höld und Herrn Stegner besuchten wir am 19.06.2024 das Amtsgericht in Fürth.

Unser Tag begann damit, dass wir uns um 8:20 Uhr vor dem Amtsgerichtsgebäude getroffen haben.

Nach einer kurzen Aufgabenbesprechung gingen wir hinein. Vier von uns wurden für eine Taschenkontrolle ausgewählt und durchsucht. Nachdem diese fertig war, gingen wir hoch zum Sitzungssaal. Man merkte, wie die Aufregung in der Klasse stieg. Vor dem Sitzungssaal wurde schon gerätselt, worum es gehen könnte, was der Angeklagte getan hat und wie der Prozess ablaufen wird.

Fünf Minuten vor der Verhandlung durften wir den Saal betreten und setzten uns auf unsere Plätze. Im Gegensatz zu Gerichtssälen in Filmen sah dieser ganz anders aus. Aufgrund der Verspätung des Verteidigers (Anwalt des Angeklagten) wurde die Sitzung um eine halbe Stunde verlegt – der Richter war davon gar nicht begeistert.

Als der Richter den Saal betrat, wurde es ganz still. Die Neugierde und das Interesse der Klasse waren im ganzen Raum zu spüren. Die Sitzung wurde eröffnet!

Beim ersten Fall ging es um schwere Körperverletzung. In einer Spielstraße in Oberasbach gab es eine Auseinandersetzung zweier Männer. Im Eifer des Gefechts schubste der Angeklagte den Geschädigten, welcher zu Boden ging und sich dabei das Schlüsselbein und die Rippen brach. Der Verteidiger wünschte ein Rechtsgespräch, daher gingen der Richter und die Anwälte aus dem Raum, um sich allein ohne Zuschauer zu besprechen. Nach dieser Besprechung wurde eröffnet, dass sich beide Seiten auf eine Schmerzensgeldzahlung von 17.000 € einigten. Die Sitzung endete damit und die Klasse war erstaunt über die hohe Summe.

Nachdem die Staatsanwältin, die Protokollführerin, der Kläger, sein Verteidiger und die Nebenklage aus dem Raum gegangen sind, bot uns der Richter an, einige Fragen zu beantworten und sich vor dem nächsten Fall noch etwas zu unterhalten. Es war ein sehr interessantes Gespräch, welches wie im Flug verging. Wir haben zum einen darüber gesprochen, wie lange „lebenslang“ ist (lebenslang bedeutet eigentlich wirklich lebenslang). Zum anderen fragte der Richter nach unserer Meinung zur Legalisierung von Cannabis. Die Meinungen gingen sehr stark auseinander!

Einige Minuten vor der nächsten Verhandlung setzte sich die Klasse noch ein letztes Mal vor den Sitzungssaal. Dort wurde mit viel Eifer und Interesse nochmal über den abgeschlossenen und den kommenden Fall gesprochen. Viele Fragen, Vermutungen und Feststellungen schwirrten durch die Flure des Gerichts. Ob die Strafe gerecht war, ob sie zu hoch war oder wie er sich durch einen Sturz solche Verletzungen zuziehen konnte.

Der nächste Fall begann. Der Richter kam rein, wir standen auf und die Sitzung wurde eröffnet. Diesmal ging es um Beleidigung. Der Angeklagte zeigte dem Kläger beim Autofahren zweimal den Mittelfinger. Dank der Beweise des Klägers (Foto wie der Angeklagte den Mittelfinger zeigt) war schnell klar, dass er schuldig ist. Anfangs wollte dies aber der Angeklagte überhaupt nicht zugeben und stritt die Tat ab. Außerdem wurde er vom Richter ermahnt, da er den Richter gegenüber sehr ausfallend geworden ist.

Die Strafe lag bei 500 €. Wegen der finanziellen Situation des Angeklagten wurde die Strafe auf 250 € verringert. Die ganze Klasse war geschockt, dass das Zeigen eines Mittelfingers eine Geldstrafe in Höhe von 500 € mit sich bringen kann. Mittlerweile wissen wir, dass es für das Zeigen eines Mittelfingers sogar schon Geldstrafen bis 4.000 € gegeben hat! Könnt ihr euch das vorstellen?!

Mit neuem Wissen und einer schönen Erinnerung an diesen Tag ging die Klasse 9c aus dem Gericht. Noch Tage später wurde sich in unserer Klasse über diesen Tag unterhalten.

Sarah Kloos und Paula Retzlik – 9c